Wirkungsbezogene Analytik und NTS zur Bewertung von Prozessen der Trinkwassergewinnung

Schematischer Aufbau der KOLa-Anlage (links); wirkungsbezogene Untersuchung von dotiertem Karlsruher Trinkwasser nach verschiedenen Anreicherungsverfahren (rechts) (Bild: TZW und ZV Landeswasserversorgung /L. Betz)

Im Projekt WBA-NTS-ProTrink wurde der in einem Vorgängerprojekt erarbeitete Ansatz, die wirkungsbezogene Analytik (WBA) in Kombination mit chemischen Analysen zur Bewertung von Spurenstoffen einzusetzen, weiterentwickelt.

Im Forschungsprojekt WBA-NTS-ProTrink wurde eine auf die Wirkung bezogene Bewertung von Prozessen der Trinkwasseraufbereitung entwickelt. Hierfür wurde die wirkungsbezogene Analytik, eine Kombination aus Fraktionierung mittels Hochleistungsdünnschichtchromatographie und Bioassay (HPTLC/WBA), eingesetzt. Wesentliches Projektziel war es, die notwendigen Verfahren und Konzepte zu erarbeiten, damit die Bewertung von einzelnen oder auch kombinierten Aufbereitungsprozessen durchgeführt werden kann.

Es wurde die bereits im Vorgängerprojekt WBA-BeReit eingesetzte Laborversuchsanlage zur kontinuierlichen Ozonung mit anschließender Langsamsandfiltration (KOLa) modifiziert und um die Aufbereitungsprozesse Aktivkohlefiltration, Advanced Oxidation Processes (AOPs) und Chlorungs-Desinfektion erweitert.

Die Weiterentwicklung der verwendeten Anreicherungsmethoden zeigte aussichtsreiche Ergebnisse, damit durch zukünftige Methoden das anreicherbare Substanzspektrum um hoch-polare und ionische Substanzen erweitert werden kann. Die in WBA-BeReit getestete Vakuumkonzentration wurde um einen Schritt zur Matrixabtrennung und Anreicherung, der sogenannten „Salz-Lösungsmittel-Extraktion“ (SLE), erweitert, um die aufkonzentrierte Salzmatrix abzutrennen und die Analyten auf das erforderliche Niveau anzureichern. Trotz aktueller Einschränkungen bei der Reproduzierbarkeit konnte in Kleinversuchen die prinzipielle Eignung des neuen Verfahrens anhand organischer Anionen gezeigt werden. Im Gegensatz zur reinen Vakuumkonzentration waren die SLE-Extrakte mit der WBA kompatibel.

Es wurden Roh-, Prozess- und Trinkwässer von elf Wasserversorgungsunternehmen aus Deutschland sowohl mit der WBA als auch mit Non-Target-Screening (NTS) untersucht. Die Ergebnisse zeigten deutliche Unterschiede im Auftreten von Wirkungen der Rohwasser- und Prozesswasserproben, wodurch Unterschiede zwischen den verwendeten Aufbereitungsprozessen festgestellt wurden. Oxidative und mikrobielle Prozesse wie z. B. Ozonung und Uferfiltration zeigten eine überwiegend gute Elimination der detektierten Wirkungen. Filtrationsprozesse hingegen beeinflussten die detektierten Wirkungen kaum. Für den Einsatz der Chlordesinfektion wurde die Bildung von potentiell gentoxisch wirkenden Substanzen beobachtet, eine Strukturaufklärung der wirkenden Substanz konnte nicht erzielt werden.

Weiterhin sollte die bestehende Testbatterie der HPTLC/WBA um die Endpunkte Androgenität (Yeast Androgen Screen) und Gentoxizität (umu-Assay) erweitert werden. Zur besseren quantitativen Einordnung der Wirkungsstärken wurde ein Arbeitsablauf erarbeitet, um die sogenannten bio-analytischen Äquivalenzkonzentrationen (BEQ) bestimmen zu können. Auf Basis dieser Werte wurde ein Bewertungskonzept vorgeschlagen, um den Zustand der untersuchten Wasserprobe sowie die Effizienz der Aufbereitungsprozesse bewerten zu können. Die durchgeführten Versuche zum Einsatz humaner Zelllinien bei HPTLC/WBA waren insgesamt nicht erfolgreich und zeigten hauptsächlich die noch vorhandenen Limitierungen, wie z. B. den hohen Zeitbedarf oder die schwierige Versorgung der Zellen mit Nährlösung auf.

Das WBA-Bewertungskonzept konnte im Rahmen des Projektes nur anhand weniger Realproben angewandt werden. Eine routinemäßige und großflächigere Anwendung der WBA würde es erlauben, das Konzept weiter zu schärfen und Anforderungen ggf. anzupassen. Eine aktuelle Limitierung ist beim erfolglosen Einsatz humaner Zelllinien bei der HPTLC/WBA zu sehen. Weitere Arbeiten sollten hier ansetzen, da die Aussagekraft der Ergebnisse wesentlich erhöht und das detektierbare Wirkspektrum um wichtige Substanzenklassen, wie beispielsweise der Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen, erweitert werden könnte.

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