Neues Projekt entwickelt Bioreaktor für Mikroorganismen aus dem Lebensraum Wasser

Bakterien auf Agarplatte

Von der Vielzahl an Mikroorganismen sind bisher weniger als 1 % als Reinkultur im Labor verfügbar.

Viele Mikroorganismen und ihre natürlichen Lebensgemeinschaften benötigen spezielle Umgebungen, um wachsen zu können. Im Labor lassen sich allerdings nicht alle diese Anforderungen an die Umwelt herstellen. In einem bundesweiten Forschungsverbund soll deshalb ein automatisierter Bioreaktor entwickelt werden, der die natürlichen Lebensraumbedingungen möglichst nah simuliert. Damit sollen natürliche Lebensgemeinschaften im Labor erhalten werden, um selbst solche Mikroben zu kultivieren, die sehr besondere Anforderungen an ihre Umwelt stellen. Das neue BMBF-Projekt „MultiKulti“ ist mit dem Kick-off Meeting am 16./17. September 2021 in Oldenburg gestartet.

Mikroorganismen haben wichtige Funktionen in allen Ökosystemen auf der Welt, dennoch sind die meisten nicht bekannt, da sich nur sehr wenige Mikroben im Labor über längere Zeit am Leben erhalten lassen. „In jedem Milliliter Grund- und Trinkwasser leben zehntausende Mikroorganismen. Dennoch wissen wir bislang nur sehr wenig über sie, da wir bislang weniger als 1 % diese Organismen im Labor kultivieren können“ erklärt der Mikrobiologe Dr. Michael Hügler vom TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser. Um gezielte Experimente mit diesen Organismen aus dem Trinkwasser, aber auch mit Organismen durchführen zu können, die in schwer zugänglichen Regionen wie etwa der Tiefsee oder dem tiefen Grundwasser leben, benötigen die Forschenden eine Möglichkeit, um fast natürliche Umweltbedingungen für diese mikrobiellen Gemeinschaften auch im Labor herzustellen.

Das Team aus Mikrobiologen und Bioverfahrenstechnikern will hierfür einen neuen Bioreaktor entwickeln. Dabei setzen die Forschenden auf ein neues Konzept: Ein modulartig aufgebauter, vollautomatischer Bioreaktor soll künftig sicherstellen, dass diese Gemeinschaften auch im Labor fast natürliche Umweltbedingungen vorfinden. Das Forschungsteam verwendet unter anderem moderne molekularbiologische Verfahren, um regelmäßig die Zusammensetzung der Gemeinschaften zu analysieren und die Haltungsbedingungen entsprechend anzupassen. Das neue Forschungsvorhaben heißt „Kultivierung von bisher unkultivierten Mikroorganismen aus verschiedenen aquatischen Lebensräumen“ (MultiKulti). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Anfang Juli gestartete Vorhaben über einen Zeitraum von drei Jahren mit rund 2,5 Millionen Euro. Neben dem TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser sind die Universität Erlangen-Nürnberg, die Humboldt Universität zu Berlin, die Universität Duisburg-Essen und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln beteiligt. Die Projektleitung hat die Universität Oldenburg.

Die Arbeitsschwerpunkte am TZW sind neben der Weiterentwicklung moderner molekularbiologischer Methoden zur Überwachung der mikrobiologischen Aktivität im Reaktor die gezielte Isolation neuer Mikroorganismen aus Trink- und Grundwasser. Ein Fokus liegt dabei auf Bakterien, die Mangan oxidieren können. „Diese Organismengruppe aus Grundwasser ist technologisch interessant, da sie den für die Trinkwasseraufbereitung wichtigen Prozess der Entmanganung katalysieren“, erläutert dazu Dr. Hügler. „Trotz der großen Bedeutung für die Praxis der Trinkwasserversorgung ist sehr wenig über die beteiligten Mikroorganismen und deren Stoffwechselwege bekannt, da diese nur sehr langsam wachsen. Es liegen außerdem nur einzelne Reinkulturen vor, von denen nicht bekannt ist, ob sie auch in der Praxis eine relevante Rolle spielen.“  

Nähere Informationen zum Projekt MultiKulti auf der Projektwebsite www.multikultivierung.de

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