Projekt zur Nutzung von Inneninspektionsdaten im Trinkwasserbereich: Recherche, Umfrage und Interviews zeigen Potenzial für Deep Learning und Autoencoder.
Das Projekt zielte darauf ab, das Verwertungspotential von Inneninspektionsdaten im Trinkwasserbereich zu ermitteln. Dazu wurde eine umfassende Recherche zu bestehenden Systemen zur Inspektionsauswertung durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Online-Umfrage sowie vertiefende Interviews mit Wasserversorgungsunternehmen (WVU) durchgeführt, die sich im Rahmen der Umfrage dazu bereit erklärt hatten. Ein exemplarisches Auswertungsverfahren für Videoinspektionen wurde ebenfalls implementiert.
Der Schwerpunkt der Recherche lag auf der Identifizierung sowohl kommerziell erhältlicher Produkte als auch Forschungs- und Entwicklungsanwendungen, die zur Auswertung von Videodaten aus Kanalbefahrungen im Abwasserbereich genutzt werden. Es gibt kommerzielle Produkte, die jedoch alle Cloudlösungen darstellen und somit einen Upload der Inspektionsdaten auf die Cloud des jeweiligen Anbieters erfordern. Diese Anwendungen sind in der Lage, Schäden nicht nur zu erkennen, sondern auch zu klassifizieren.
Eine Übertragung eines solchen Klassifikationsverfahrens auf den Trinkwasserbereich ist technisch möglich, erfordert jedoch ein Finetuning eines Deep-Learning-Klassifikators mit trinkwasserspezifischen Videodaten. Wichtige Voraussetzungen dafür sind die Erstellung eines standardisierten Bewertungskatalogs sowie von Regeln zur Annotation von Videodaten. Die Komplexität ist im Trinkwasserbereich größer als im Abwasserbereich, da Leitungen leer, teilgefüllt oder vollständig mit Wasser gefüllt sein können. Es werden mehr Materialklassen im Trinkwasser als im Abwasser verwendet, und wasserchemische Prozesse führen zu einer noch höheren, materialspezifischen Varianz (durch Inkrustationen, Ablagerungen, Biofilm). Erschwerend kommen Spiegelungen und Reflexionen in teil- und vollgefüllten Leitungen hinzu.
Es wurde eine Online-Umfrage bei 500 WVU durchgeführt, mit einer Rücklaufquote von ca. 18 % (79 WVU). Die Mehrheit der teilnehmenden WVU waren mittlere Unternehmen (ca. 50 %) sowie jeweils 25 % kleine und große Unternehmen. Die Auswertung der Umfrage erfolgte differenziert nach Unternehmensgröße. Die Unternehmen sind primär an leckortenden Verfahren und Schallverfahren interessiert, gefolgt von Kameraverfahren. Insgesamt wurden Interviews mit 25 WVU geführt. In den Interviews wurden die Themenkomplexe aus der Online-Umfrage durch detaillierte Fragen vertieft.
Im Rahmen des Projekts wurden Daten aus einer Befahrung einer 24 km langen Leitung mithilfe eines Autoencoders exemplarisch ausgewertet. Autoencoder lernen ein Basismodell der Eingangsdaten und ermöglichen eine Anomaliedetektion. Dabei sind keine vorklassifizierten Trainingsdaten notwendig. Der qualitative Vergleich mit einer Anomaliedetektion durch menschliche Beobachter zeigte eine gute Übereinstimmung: Das System tendiert dazu, ähnliche visuelle Auffälligkeiten zu erkennen wie die menschlichen Beobachter.
Die Online-Umfrage und die Interviews deuten darauf hin, dass die optische Inneninspektion ein Nischenbereich bei der allgemeinen Inspektion bleiben wird. Akustische Überwachung des Netzes ist hingegen ein typischer Anwendungsfall für WVU. Akustische Spektren lassen sich ähnlich wie Bilder auswerten, und Autoencoder würden sich als Auswertungsverfahren anbieten.