Das DVGW-Arbeitsblatt W 216 beschreibt die Mischung von Wässern unterschiedlicher Herkunft. Anhand von mischungsrelevanten Parametern wird abgeleitet, inwiefern nachteilige Veränderungen der korrosionschemischen Eigenschaften des Mischwassers zu erwarten sind. Durch ein inzwischen abgeschlossenes DVGW-Forschungsvorhaben wurden die wissenschaftlichen Grundlagen für eine Überarbeitung des Arbeitsblattes W 216 erarbeitet. Nach den Ergebnissen ergibt sich für die Überarbeitung ein konkreter Bedarf.
Beim DVGW-Arbeitsblatt W 216 wird die Vorgehensweise zur Bewertung der Unterschiedlichkeit von Trinkwässern vorgegeben. Ferner werden in dem Arbeitsblatt geeignete technische Maßnahmen für die Fälle aufgezeigt, bei denen unterschiedliche Trinkwässer oder Mischwässer vorliegen, um eventuelle Nachteile für die Wasserversorgungsanlagen sowie für die Abnehmer zu vermeiden.
Zur Bewertung werden die Parameter Chlorid, TOC, Phosphat, Säurekapazität bis zum pH-Wert 4,3 (KS4,3), Sauerstoff und Sulfat herangezogen. Für jeden dieser Parameter sowie für den Anionenkoeffizienten, der sich aus den Parametern Chlorid, Sulfat und Säurekapazität (KS4,3) errechnet, ist ein Bewertungsmaß vorgegeben. Anhand dessen kann unter Heranziehung der Ergebnisse von aktuellen Trinkwasseranalysen beurteilt werden, ob ein Wasser von gleichmäßiger Beschaffenheit ist und ob zwei Wässer von gleicher oder unterschiedlicher Beschaffenheit vorliegen. Die Ergebnisse dieser Bewertung sind die Grundlage für die Einstufung von zwei oder mehr Wässer als "mischbar" im Sinne der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Hält man sich an die Bewertung, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Beschaffenheit des Mischwassers selbst oder die der Rohrleitungen nicht – verursacht durch die Mischung – nachteilig verändert, z. B. durch eine Veränderung der korrosionschemischen Eigenschaften.
Es ist aus heutiger Sicht allerdings nicht mehr nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Liste der für die Bewertung herangezogenen Parameter erstellt worden ist. Auch die wissenschaftliche Basis für die Bewertungsmaße lässt sich aus heutiger Sicht nicht erkennen. Vor diesem Hintergrund wurde durch ein DVGW-Forschungsvorhaben und umfangreichen Recherchen die relevanten Grundlagen für eine fachliche Überarbeitung des Arbeitsblattes erarbeitet.
Nach den Ergebnissen der Befragung von einigen Wasserversorgungsunternehmen scheinen die Vorgaben des DVGW-Arbeitsblattes W 216 sehr konservativ ausgelegt zu sein. Sofern die kalkkohlensäuregleichgewichtsrelevanten Vorgaben im Mischwasser befolgt werden, sind offensichtlich korrosionschemische Probleme vermeidbar.
Mit Ausnahme des signifikant korrosionschemisch relevanten Parameters KS4,3, durch den die Mischwassersituation im Hinblick auf das Kalkkohlensäure-Gleichgewicht berechnet werden kann, erscheinen die wertegenauen Vorgaben anhand der Parameterskalen durch die Komplexität verschiedener Faktoren zu unscharf.
Es wird vorgeschlagen, die Vorgaben konkret netzbasiert allgemein gültig vorzugeben und ferner Empfehlungen zur Vorgehensweise und Festlegung der möglichen Maßnahmen vorzuschlagen. Beispielweise wäre bei einer beabsichtigten Mischwasserbereitstellung zunächst die Mischwassersituation anhand einer Netzanalyse und Risikobewertung einzuschätzen, die Spülstrategie ggf. anzupassen und optionale Maßnahmen mittels temporärer Inhibierung oder stufenweiser Angleichung vorzubereiten.
Veröffentlichung:
Hesse, S.; Becker, A.; Stetter, D.: Rahmenbedingungen für die Mischung von Trinkwässern. Veröffentlichungen aus dem Technologiezentrum Wasser 96, ISSN 1434-5765, 65-80 (2021)
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