Neue mikrobiologische Parameter der EU-DWD

Bedeutung der neuen mikrobiologischen Parameter der EU-Trinkwasserrichtlinie für die deutsche Wasserversorgung

Probenahmestelle bei Köln am Rhein

In der im Januar 2021 verabschiedeten EU-Trinkwasserrichtlinie wurden als wichtige Neuerung für Rohwasser als Parameter für mikrobielle Risiken die Untersuchung der „somatischen Coliphagen“ gefordert. Die Art der Umsetzung dieser Anforderung wurde den Mitgliedsstaaten in der nationalen Umsetzung überlassen.

In der EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184 (EU-DWD) wurde neu ein risikobasierter Ansatz (risk based approach) aufgenommen, in dem u. a. vorgesehen ist, das Rohwasser und bei Überschreiten des Referenzwertes von 50 PFU / 100 mL auch das Wasser innerhalb der Aufbereitung auf „somatische Coliphagen“ zur Erfassung des mikrobiellen Risikos insbesondere durch fäkale virale Krankheitserreger zu untersuchen. Der Parameter „somatische Coliphagen“ dient zur Verifizierung der Entfernungswirksamkeit der Aufbereitung für Viren bzw. Partikel im Größenbereich von Viren.

Im Rahmen dieses Vorhabens wurden Rohwässer mit unterschiedlich starkem Einfluss von Oberflächenwasser in Form von Flusswasser ausgewählt (direkte Aufbereitung (< 1 h), kurze Bodenpassage (5 d), lange Uferfiltration (50 d) und sehr lange Uferfiltration (> 100 d)), in denen spezifische Untersuchungen auf bakterielle und virale Krankheitserreger mit kulturellen und PCR-Verfahren sowie Indikatoren durchgeführt wurden. Als Oberflächenwasser wurden jeweils Flusswässer gewählt, da nur diese eine ausreichend hohe  mikrobiologische Ausgangsbelastung enthalten, um einen Log-Rückhalt durch Partikelentfernung berechnen zu können.

Durch die Untersuchungen von vier Wasserversorgungen, die Flusswasser zur Trinkwasseraufbereitung nutzen, konnten Rohwässer mit unterschiedlichen Aufenthaltszeiten in der ersten partikelentfernenden Stufe (in der Wasseraufbereitung bei direkter Flusswasseraufbereitung und im Untergrund bei Bodenfiltraten und Uferfiltraten) betrachtet werden.

In drei der vier Flusswässer lagen die Mittelwerte der Konzentrationen der somatischen Coliphagen oberhalb des Referenzwertes von 50 PFU / 100 mL, die gemäß EU-DWD eine Bewertung der Wirksamkeit der Aufbereitungsverfahren erforderlich machen.

Eine starke Oberflächenwasserbeeinflussung wurde bei den Wasserversorgungs­unternehmen mit den kurzen Fließzeiten (< 1 h (direkte Aufbereitung), 5 d Bodenpassage) festgestellt, eine sehr geringe bzw. kaum nachweisbare Oberflächenwasserbeeinflussung bei den Uferfiltraten mit langer Fließzeit (50 d, > 100 d).

Diese Beeinflussung ließ sich einerseits aus den historischen Daten erkennen, da hier bei den stark beeinflussten Wässern die Häufigkeit von Positivbefunden coliformer Bakterien in den Rohwässern noch fast 100 % beträgt, während bei den kaum beeinflussten Rohwässern mit den langen Bodenpassagen die Häufigkeit unter 1% lag. Andererseits zeigten auch die erreichbaren Rückhalte und auch die quantitative mikrobielle Risikobewertung, dass diese für die langen Aufenthaltszeiten im Untergrund ein mögliches Gesundheitsziel von 10-4 Infektionen pro Person und Jahr erreichen können.

Eine Untersuchung auf somatische Coliphagen zur Risikobewertung ist bei den hochbelasteten Flusswässern auf jeden Fall sinnvoll, bei den Boden- oder Uferfiltraten dagegen nur bei solchen mit kurzen Fließzeiten im Untergrund.

Veröffentlichung:

DVGW energie | wasser-praxis (EWP) in Vorbereitung

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