Neue mikrobiologische Parameter der EU-DWD

Bedeutung der neuen mikrobiologischen Parameter der EU-Trinkwasserrichtlinie für die deutsche Wasserversorgung

Probenahmestelle bei Köln am Rhein

In der im Januar 2021 verabschiedeten EU-Trinkwasserrichtlinie wurden als wichtige Neuerung im Anhang II für Rohwasser und aufbereitetes Wasser auch ein operationeller Teil aufgenommen. Für Rohwasser wird hierbei als Parameter für mikrobielle Risiken „somatische Coliphagen“ gefordert. Die Art der Umsetzung dieser Anforderung wird den Mitgliedsstaaten in der nationalen Umsetzung überlassen.

Das Ziel dieses DVGW-Forschungsvorhabens soll es sein, durch Datenauswertungen und spezifische Untersuchungen auf Krankheitserreger und Indikatoren in verschiedenen exemplarischen Wasserversorgungsunternehmen (WVU), die die weite Spanne der in Deutschland üblichen Wasseraufbereitungsverfahren umfassen, eine mikrobielle Risikobewertung vorzunehmen, die als Grundlage dafür dienen soll, wie eine sinnvolle und angemessene Umsetzung der mikrobiologischen Anforderungen der neuen EU-Richtlinie in nationales Recht aussehen könnte.

In die neue EU-Trinkwasserrichtlinie (EU-DWD) wurde ein sogenannter „risk based approach“ aufgenommen, der u. a. vorsieht, dass das Rohwasser und bei Bedarf auch das aufbereitete Wasser auf „somatische Coliphagen“ als operationeller Parameter für die Erfassung des mikrobiellen Risikos insbesondere durch fäkale virale Krankheitserreger untersucht werden soll.

Der Parameter „somatische Coliphagen“ dient dabei zur Verifizierung der Entfernungswirksamkeit für kleine Partikel im Größenbereich von Viren.

Die Anwesenheit von Krankheitserregern ist insbesondere bei Wasserversorgungen aus Oberflächenwasser oder mit Oberflächenwassereinfluss zu berücksichtigen. Diese umfassen die Rohwasserarten Oberflächenwasser, d. h. Fluss-, See- und Talsperrenwasser, und die Rohwasserarten mit Oberflächenwassereinfluss, d. h. Uferfiltrat, angereichertes Grundwasser und Quellwasser. Nach dem Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft 2020 machen diese Rohwasserarten insgesamt fast 40 % der Wasserförderung in Deutschland aus.

Zur quantitativen mikrobiellen Risikobewertung wurde eine Vorgehensweise für hochbelastete Flusswässer im Rahmen des DVGW-Projektes W201517 und 201808 (QMR) erarbeitet. Diese Vorgehensweise erfordert umfangreiche Messungen von Krankheitserregern und die Bestimmung des Rückhalts über bakterielle und virale Indikatoren. Es zeigte sich, dass durch eine kurze Bodenpassage von 2 - 5 Tagen ein sehr effektiver Rückhalt von ca. 2 Logstufen erreicht wird, dass damit aber insbesondere für den bakteriellen Krankheitserreger Campylobacter und die enteropathogenen Viren keine vollständige Erreichung eines Gesundheitszieles für diese Krankheitserreger möglich ist. Erfahrungen bei WVU mit Rohwässern nach langdauernden Bodenpassagen, die anhand der Untersuchung von Indikatoren bereits annähernd die mikrobielle Qualität von Tiefengrundwässern aufweisen, liegen nicht vor. Da hier auch bei der Bestimmung der Indikatoren bereits die Nachweisgrenze erreicht ist, kann keine genaue Berechnung des Rückhalts bei der Bodenpassage erfolgen.

Im Rahmen dieses Vorhabens werden deshalb bei WVU mit unterschiedlich starkem Einfluss von Oberflächenwasser (direkte Aufbereitung, kurze Uferfiltration, künstliche Grundwasseranreicherung, lange Uferfiltration) spezifische Untersuchungen auf bakterielle und virale Krankheitserreger mit kulturellen und PCR-Verfahren sowie Indikatoren durchgeführt. Dabei wird der Fokus auf die im QMR-Projekt als besonders relevant erkannten Krankheitserreger Campylobacter (bakteriell) und enteropathogene Viren (Adeno- Entero-, Noroviren) gelegt. Außerdem werden die bei den WVU bereits vorliegenden mikrobiologischen Daten der mikrobiologischen Indikatoren der Oberflächenwässer, Rohwässer und Wässer nach den ersten Aufbereitungsschritten zusammengestellt und ausgewertet. Um den Nachweis der Krankheitserreger und auch der Indikatoren zu ermöglichen, werden je nach erwarteten Konzentrationen innovative Anreicherungsverfahren angewendet.

Mit diesen neuen Daten soll eine mikrobielle Risikobewertung in Bezug auf die potentielle Anwesenheit von Krankheitserregern ermöglicht werden, um so eine Grundlage für eine sinnvolle und angemessene Umsetzung der mikrobiologischen Anforderungen der neuen EU-Richtlinie in nationales Recht zu schaffen.

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