Persistente und mobile Spurenstoffe in niedersächsischen Oberflächengewässern

Landesweiter Überblick und Identifikation von Belastungsschwerpunkten

Der Hasselbach war eines der wenigen unbelasteten Gewässer in dieser Untersuchung

Flächendeckende Monitoringdaten vieler sogenannter PMT/vPvM-Stoffe sind immer noch Mangelware. Ein landesweites Oberflächengewässermonitoring in Niedersachsen bringt nun Licht ins Dunkel und zeigt potenzielle Risiken auf.

Persistente, mobile und ggf. toxische sowie sehr persistente und sehr mobile Verbindungen – zusammengefasst unter dem Begriff PMT/vPvM-Stoffe – stehen dank grundlegender Weiterentwicklungen der analytischen Möglichkeiten in den letzten Jahren verstärkt im Fokus der Wasser- und Umweltforschung. Die meisten dieser Verbindungen gelangen über den Abwasserpfad in die aquatische Umwelt und können zwischen den verschiedenen Wasserkompartimenten verlagert werden. Werden also belastete Oberflächengewässer als Trinkwasserressource genutzt, können diese Verbindungen potenziell eine Herausforderung für die Trinkwasserversorgung darstellen. Aber auch die Lebensgemeinschaften der Oberflächengewässer sind möglicherweise einem Risiko durch die Anwesenheit dieser Stoffe ausgesetzt. Über das Vorkommen vieler PMT/vPvM-Stoffe in Flüssen und Seen liegen allerdings noch keine flächendeckenden Informationen vor.

Das Ziel der hier vorgestellten Untersuchung war es, eine nachweisstarke Analytik für die Bestimmung einer Vielzahl von PMT/vPvM-Stoffen zu entwickeln und ein landesweites Monitoring auf diese Stoffe an niedersächsischen Oberflächengewässern durchzuführen. Bei der Zusammenstellung des Untersuchungsumfanges stand vor allem die Datenlage im Vordergrund, so dass gezielt Stoffe berücksichtigt wurden, über deren Vorkommen in Oberflächengewässern vor Untersuchungsbeginn kaum Ergebnisse vorlagen. Es wurden sowohl Arzneimittelrückstände als auch Industriechemikalien sowie weitere Stoffe ohne pharmazeutischen Bezug berücksichtigt.

Einige der bislang wenig berücksichtigten Stoffe stachen bei der Untersuchung besonders hervor. Diese waren die Arzneimittelmetaboliten Torasemid-Carbonsäure (in 93 % aller Proben, bis 1,2 μg/L), Losartansäure (52 %, bis 0,30 μg/L) und Ramiprilat (51 %, bis 0,22 μg/L), der UV-Stabilisator Ensulizol (83 %, bis 2,3 μg/L) sowie der Vulkanisationsbeschleuniger 1,3-Diphenylguanidin (71 %, bis 0,16 μg/L). Die höchste individuelle Konzentration wurde für Cyanursäure beobachtet (49 μg/L). Die Ems wurde als Belastungsschwerpunkt des ansonsten eher selten nachgewiesenen Stoffes Trifluormethansulfonsäure (bis 0,52 µg/L) identifiziert.

Zur Abschätzung eines potenziellen ökologischen Risikos der in mindestens 20 % aller Proben nachgewiesenen Stoffe wurden modellierte und experimentell abgeleitete PNEC (predicted no-effect concentration) sowie vorgeschlagene Umweltqualitätsnormen in Relation zu den Messwerten (MEC) gesetzt. Ein ökologisches Risiko – definiert als der Risikoquotient MEC/PNEC ≥ 1 – für Losartansäure und Torasemid-Carbonsäure kann derzeit mangels experimenteller ökotoxikologischer Daten nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der potenziellen Trinkwasserrelevanz von Ensulizol, Torasemid-Carbonsäure und Cyanursäure wird eine orientierende Untersuchung oberflächengewässerbeeinflusster Grundwasserkörper auf diese Parameter empfohlen. Im Fall der Trifluormethansulfonsäure gilt diese Empfehlung für den Einflussbereich der Ems.

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