Molekularbiologie und KI in der Biodiversitätsforschung (IQ-Wasser)

Forschungsprojekt zur KI-gestützten Erfassung und Prognose der Biodiversität und Wasserqualität in Trinkwasser-Reservoiren

Trinkwasser-Talsperre im Schwarzwald – ein Ort natürlicher Artenvielfalt und Ökosystem-Dienstleistung

Durch Klimawandel, Verschmutzung und invasiven Arten sind Talsperren und Seen mit einem Verlust der naturnahen Biodiversität konfrontiert.  Für ein besseres Verständnis dieser Ökosysteme kommen im Projekt IQ-Wasser moderne molekularbiologische Verfahren und KI-gestützte Modelle zum Einsatz.

Oberflächengewässer wie Seen und Talsperren sind komplexe biologische Systeme mit einer großen biologischen Diversität unterschiedlichster Lebewesen wie Bakterien, Algen, Protozoen, Pilzen sowie höheren Pflanzen und Tieren. Die Ökosystemdienstleistungen dieser biologischen Vielfalt ermöglichen unter anderem die naturnahe Gewinnung von über 12 % des Trinkwassers in Deutschland. Die Wasserqualität steht dabei in einer engen wechselseitigen Beziehung mit der Biodiversität. Durch Klimawandel, Umweltverschmutzung und die Verbreitung invasiver Arten (Neobiota) getrieben, ist in einem Großteil der deutschen Gewässer ein starker Verlust der Biodiversität bzw. eine Veränderung der Artenzusammensetzung zu verzeichnen. Bedeutend für Mensch und Umwelt sind beispielsweise vermehrt auftretende toxische Algenblüten, der Eintrag von fäkalen Kontaminationen, die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen, die Veränderung der Artenzusammensetzung durch invasive Neobiota oder veränderte Lebenszyklen der Planktongemeinschaft bedingt durch höhere Wassertemperaturen. All die genannten Veränderungen wirken sich direkt auf die Ökosystemdienstleistungen der Lebensgemeinschaften und damit letztendlich auch auf die Wasserqualität auf.

Grundsätzlich basiert die Analyse der Wasserqualität von Trinkwasser-Reservoiren auf der Erfassung klassischer mikrobieller Indikatoren sowie physikalisch-chemischer Messparameter. Diese umfangreiche Datenbasis reicht viele Jahre zurück. Seen und Talsperren sind jedoch komplexe Ökosysteme, deren Vulnerabilität durch Klimawandel, Belastungsquellen und Neobiota nicht ausreichend erforscht sind, um komplexe Prognosen in Bezug auf deren zukünftige Biodiversitätsentwicklung unter sich verändernden Umweltbedingungen zu treffen.

Zu den bislang nur unzureichend untersuchten Organismengruppen zählen insbesondere Mikroorganismen. Molekulare Methoden besitzen das Potential diese Wissenslücke in der Gewässerbiodiversität zu schließen. Die Analysen von Metagenomen und so genannter Umwelt-DNA (eDNA) erlauben direkte Informationen der Gesamtheit der Erbinformationen in einem Ökosystem und somit die Darstellung der genetischen Biodiversität. Eine Hürde für eine übergreifende Auswertung, vor allem im Einbezug historischer Zeitreihen, stellen die hochkomplexen Daten verschiedenen Ursprungs dar.

Ziel des Projektes IQ-Wasser ist die gemeinsame Analyse biologischer, chemischer und physikalischer Daten zur Modellierung der Biodiversität und des Biodiversitätsverlustes mit Hilfe moderner KI gestützter Verfahren. Der Einsatz von KI zur Analyse von Biodiversität wurde bisher kaum untersucht und beschränkt sich beispielsweise auf die Videoüberwachung von Meeres-Ökosystemen oder auf reine Potentialanalysen. Hemmnisse für den Einsatz dieser Verfahren bei komplexen physikalischen und biologischen Systemen sind vor allem die aufwendige Datenerhebung und die Berücksichtigung komplexer Modelle und Expertenwissen über die Grundlagen der Systeme.

Durch die KI-gestützte Auswertung der Daten sollen die zukünftige Biodiversitätsentwicklung, die Vermehrung von Cyanobakterien oder coliformen Bakterien, der Eintrag fäkaler Verunreinigungen und deren Herkunft sowie das Auftreten von Neobiota frühzeitig erkannt bzw. prognostiziert werden. Auf Basis eines besseren Verständnisses des Biodiversitätsverlustes sollen frühzeitig Maßnahmen zum Erhalt des natürlichen Ökosystems und zum Schutz der Wasserqualität eingeleitet werden.

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