Aktuell gilt für TFA im Trinkwasser ein toxikologisch begründeter Trinkwasserleitwert (LWTW) von 60 µg/L. Im Jahr 2024 wurden jedoch weitere toxikologische Daten vorgelegt, die zu einer Neubewertung führen könnten. Im Rahmen des Projekts wurde daher die Betroffenheit der deutschen Trinkwasserversorgung hinsichtlich einer möglichen Einführung eines pauschalen Grenzwerts oder einer toxikologisch begründeten Absenkung des derzeit geltenden LWTW für TFA dargestellt, die Möglichkeiten der technischen Aufbereitung als Maßnahmen zur Risikobeherrschung bewertet und Empfehlungen für Wasserversorgungsunternehmen zum (technischen) Umgang mit TFA und zur Diskussion mit Behörden und VerbraucherInnen abgeleitet.
Die Chemikalie Trifluoressigsäure (bzw. deren Anion Trifluoracetat, TFA als Synonym für beide chemische Spezies) kann durch natürliche und technische Aufbereitungsverfahren der Trinkwassergewinnung nicht zurückgehalten werden und stellt somit eine potenzielle Gefährdung für das Trinkwasser und die menschliche Gesundheit dar. Aufgrund der Persistenz des Stoffes kommt es bei fortlaufender Emission zur Anreicherung von TFA in den Trinkwasserressourcen. Gemäß der aktuellen Definition werden TFA und TFA-Vorläuferverbindungen (also Verbindungen, aus denen beim Abbau TFA gebildet wird) der chemischen Stoffklasse der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) zugeordnet. Diese stehen derzeit stark im Fokus der Öffentlichkeit und Behörden.
TFA wird aus einer Vielzahl anthropogener Quellen in die aquatische Umwelt eingetragen, wobei zwischen primären Quellen (d. h., es erfolgt eine Emission der Substanz selbst) und sekundären Quellen (d. h., die Belastung mit TFA ist die Folge des Abbaus von emittierten TFA-Vorläufersubstanzen) unterschieden wird. Eine wichtige primäre Punktquelle für TFA in die aquatische Umwelt sind industrielle Einleitungen aus Betrieben, die den Stoff herstellen und/oder verarbeiten. Sekundäre Quellen für TFA sind vielfältig, da jede Substanz, die mindestens eine kohlenstoffgebundene Trifluormethylgruppe in ihrer chemischen Struktur enthält, eine potenzielle Vorläufersubstanz von TFA darstellt. TFA-Vorläufersubstanzen werden u. a. als Wirkstoffe in Pflanzenschutz- (PSM) und Arzneimitteln sowie als Treib- und Kältemittel verwendet. TFA kann somit als sogenannte SMS (Substance from Multiple Sources) klassifiziert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Trinkwasserressourcen Mitteleuropas bereits über den Niederschlagspfad (also aufgrund des Abbaus von Treib- und Kältemitteln) im Durchschnitt mit mehr als 0,3 µg/L TFA belastet sind.
Der aktuelle Trinkwasserleitwert (LWTW) für TFA, dem eine umfassende toxikologische Datenlage für die Berechnung zugrunde liegt, beträgt 60 µg/L. Anlass der hier vorgestellten Bestandsaufnahme war u. a. die Besorgnis, dass aufgrund neu vorgelegter toxikologischer Daten der LWTW abgesenkt oder möglicherweise der pauschale Grenzwert für relevante PSM-Metaboliten auf TFA angewendet werden könnte. Eine klare Zuordnung der Belastung zu einer spezifischen Eintragsquelle (hier konkret: PSM-Anwendung) ist bei einer SMS wie TFA jedoch kaum möglich.
Es wurde eine Literaturstudie zur aktuellen Belastung der deutschen Trinkwasserressourcen mit TFA durchgeführt. In der überwiegenden Zahl aller innerhalb dieser Studie betrachteten Proben wurden Konzentrationen von zum Teil deutlich über 0,1 µg/L TFA nachgewiesen. Eine Entfernung von TFA bei der Trinkwasseraufbereitung ist nur durch Umkehrosmose möglich, deren flächendeckende Einführung in der Trinkwasserversorgung aus vielen Gründen abzulehnen ist. Andere Maßnahmen der Risikobeherrschung wie beispielsweise Ozonung, Aktivkohlebehandlung oder Chlorung sind praktisch wirkungslos.
Die Studie zeigt, dass nur der Schutz der Trinkwasserressourcen eine wirksame Basis zur Sicherung der Trinkwasserqualität darstellt. Aufgrund der starken Indizien für steigende TFA-Emissionen und somit für eine zunehmende Belastung der Trinkwasserressourcen mit TFA ist eine generelle Reduzierung der TFA-Emissionen – unabhängig vom Eintragspfad – aus Vorsorge- und Minimierungsgründen unerlässlich.