Verfahren für die Überwachung der mikrobiologischen Wasserqualität (MoVe)

Überblick über die aktuell verfügbaren Analysetechniken und -verfahren für mikrobiologische Parameter

Nach der rasanten Entwicklung der mikrobiologischen Analytik in den letzten Jahren stellt sich die Frage, wie die Zukunft der Trinkwasserüberwachung auf mikrobiologische Parameter aussieht.

Die routinemäßige und akkreditierte Überwachung der mikrobiologisch-hygienischen Wasserqualität von Trinkwässern, Brauchwässern und Badegewässern erfolgt mit kultivierungsbasierten Standardmethoden. Sie stellen den Goldstandard der mikrobiologischen Wasserqualitätsanalytik dar. Dennoch können viele weitergehende Fragestellungen im Wasserbereich durch die alleinige Anwendung dieser Standardmethoden nur unzureichend beantwortet werden. In den letzten Jahrzehnten sind Möglichkeiten in der kultivierungsunabhängigen und molekularen Diagnostik entstanden, die viele Fragestellungen in der mikrobiologischen Wasseranalytik zugänglich gemacht haben, die noch vor wenigen Jahren unlösbar waren.

Im Projekt MoVe wurden diese molekulardiagnostischen Werkzeuge für das mikrobiologische Monitoring evaluiert. Insgesamt wird ein umfassender Überblick über diese neuartigen Methoden gegeben, der sowohl Nukleinsäure-basierte Amplifikationsmethoden, Durchflusszytometrie, Sequenzierungsansätze, spektroskopische Verfahren als auch Online-Sensorik umfasst. Basierend auf der verfügbaren Literatur und eigenen Erfahrungen konnten Anwendungsfelder identifiziert werden, für die der Einsatz bestimmter Verfahren bereits heute einen deutlichen Mehrwert bietet:

  • PCR-basierter quantitativer Nachweis von Krankheitserregern wie Legionellen oder enteralen Viren sowie von Antibiotikaresistenzgenen. 
  • Next Generation Sequencing zur Aufklärung von Krankheitserregern, der Struktur und Funktionsweise mikrobieller Gemeinschaften und der Gesamtheit von Antibiotikaresistenzgenen (Resistom).
  • Durchflusszytometrie zur schnellen Bestimmung von Bakterienkonzentrationen und bestimmten Eigenschaften dieser Bakterien (lebend/tot und hoher/niedriger Nukleinsäuregehalt).
  • Online-Systeme zur Bestimmung der Biomasse durch Messung der Enzymaktivität, des ATP-Gehalts oder durchflusszytometrische Bakterienzählung.
  • Identifizierung von fäkalen Eintragsquellen durch PCR-basierte Methoden zum Nachweis von wirtsspezifischen mikrobiellen Quellenverfolgungsmarkern.
  • Identifizierung von Bakterienisolaten mittels MALDI-TOF-MS.
  • PCR-basierter Nachweis von Stoffwechselleistungen wie z. B. Abbau organischer Schadstoffe (Rohwasserschutz), Nitrifikation (Ammoniumoxidation) und Denitrifikation (Nitratreduktion) oder Bildung von Algentoxinen.

Die Anwendung neuer, sich ergänzender mikrobiologischer, biochemischer und molekularbio-logischer Untersuchungsmethoden im Wasserbereich steht erst am Anfang. Um diese neuen Möglichkeiten adäquat nutzen zu können, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Wasserwirtschaft, DVGW-Instituten und universitärer Forschung notwendig. Dabei wird eines deutlich: Jede Methode hat ihre Stärken und Schwächen. Es gibt keine allgemein gültigen Untersuchungsmethoden, sondern nur geeignete „Werkzeuge“ für klar definierte Fragestellungen. Aber auch die Nutzung der Daten aus den neuen Verfahren stellt eine Herausforderung dar. Die neuen Methoden liefern Konzentrationen und Einheiten, die ein neues Denken erfordern. Aufgrund der fehlenden Standardisierung müssen die Ergebnisse von methodisch versierten Fachleuten mit Augenmaß interpretiert werden. Dabei können diese neuen Verfahren zusätzliche Informationen liefern, die wesentlich zur Klärung wichtiger Fragen der mikrobiologischen Wasserqualität beitragen.

Veröffentlichungen:

Fischeder, R., Böckelmann, U., Gerten, B., Gröbe, K., Hambsch, B., Kilb, B., Lange, B., Meyer, J., Soltwisch, A., Schneider, S., Schumacher, V.: Anforderungen an die mikrobiologisch-hygienische Trinkwasseruntersuchung: neue Verfahren. DVGW energie|wasser-praxis 67, Nr.2, S. 32-38 (2016).

Ho, J., Tiehm, A.: Durchflusszytometrie für das mikrobiologische Monitoring In: Zukunftsthemen der Wasserversorgung. 24. TZW-Kolloquium Veröffentlichungen aus dem Technologiezentrum Wasser, ISSN 1434-5765, TZW-Band 90: 81-96 (2019)

Ho, J.; Tiehm, A.; Nocker, A.; Bendinger, B.; West, S.; Trimbach, A.: Durchflusszytometrie als schnelle Detektionsmethode für Bakterien in Roh- und Trinkwasser. DVGW energie | wasser-praxis (EWP) 1/2020: 56-59 (2020)

Hügler, M., Stange, C., Ho, J., Hambsch, B., Tiehm, A.: Molekularbiologische Methoden – Trends und Entwicklungen. In: Entwicklungstrends für die Wasserversorgung. 22. TZW-Kolloquium, Veröffentlichungen aus dem Technologiezentrum Wasser Karlsruhe, ISSN 1434-5765, Band 80: 45-63 (2017)

Hügler, M.: Einsatz des MALDI-TOF zur Identifizierung von Krankheitserregern und Indikatorbakterien. In: Veröffentlichungen aus dem Technologiezentrum Wasser Karlsruhe. 27. TZW Kolloquium. Anpassungsstrategien und Handlungsoptionen für die Wasserbranche. S. 31-45 (2022)

Hügler, M.; Leister, C.; Hambsch, B.: Einsatz der MALDI-TOF-Massenspektroskopie zur Bakterien-Identifizierung in der Trinkwasser-Mikrobiologie. DVGW energie/wasser-praxis 73(12):52-59 (2022)

Stange, C.: Microbial Source Tracking – Identifizierung fäkaler Eintragsquellen. Veröffentlichungen aus dem Technologiezentrum Wasser, ISSN 1434-5765, TZW-Band 99 (2021)

Die Bände der TZW-Schriftenreihe können hier bestellt werden.

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