Anforderungen der KTW-BWGL seit 21. März 2021 verbindlich

Kunststoffe, die in Kontakt mit Trinkwasser kommen, müssen hohe hygienische Anforderungen erfüllen.

Die Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-BWGL) soll schrittweise die bisherigen KTW-Leitlinien ersetzen. Die KTW-BWGL gilt seit dem 21.03.2021 rechtsverbindlich für Kunststoffe, organische Beschichtungen und Schmierstoffe. Wegen der Covid-19-Pandemie hat das Umweltbundesamt allerdings Übergangsfristen verlängert (Link zum Dokument Übergangsregelung). Bis zum 21.03.2023 gibt es für Hersteller die Möglichkeit, ein Hygienezertifikat auch ohne Erstinspektion der Produktionsstätte gemäß dem 1+-System zu erhalten. Die Rezepturen der Materialien müssen aber in jedem Fall den neuen Regularien entsprechen. Im März 2022 wurden auch Elastomere und thermoplastische Elastomere in die KTW-BWGL aufgenommen mit einer Übergangszeit bis 01.03.2025. Die TZW Prüfstelle ist bestens auf die neuen Anforderungen vorbereitet und für die KTW-BWGL akkreditiert.

Das Trinkwasser muss vor unerwünschten Substanzen geschützt werden

Werkstoffe und Materialien, die für die Neuerrichtung oder Instandhaltung von Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser verwendet werden und Kontakt mit Trinkwasser haben, dürfen nach der deutschen Trinkwasserverordnung (TrinkwV) nicht den Schutz der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar mindern, den Geruch oder den Geschmack des Wassers nachteilig verändern oder Stoffe in Mengen ins Trinkwasser abgeben, die größer sind als dies bei Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar ist.

Diese allgemeinen Anforderungen wurden für organische Materialien früher insbesondere durch die Leitlinien des Umweltbundesamts sowie hinsichtlich des mikrobiellen Bewuchses in dem DVGW Arbeitsblatt W 270 konkretisiert. Im täglichen Sprachgebrauch wurden die UBA-Leitlinien für organische Materialien auch unter dem Oberbegriff „KTW-Leitlinien“ zusammengefasst. Die Anwendung der KTW-Leitlinien war rechtlich nicht explizit vorgeschrieben. Eine Verbindlichkeit zu deren Anwendung ergab sich jedoch insbesondere im Rahmen von Produktzertifizierungen. Die für den Trinkwasserbereich akkreditierten Zertifizierungsstellen, wie beispielsweise die DVGW CERT GmbH, fordern für die Zertifizierung von Produkten zum Einsatz im Trinkwasser den Nachweis der hygienischen Unbedenklichkeit über entsprechende Prüfzeugnisse nach den KTW-Leitlinien. Eine Zertifizierung ausschließlich hinsichtlich der hygienischen Eignung war aber nicht vorgesehen. 

Neue Bewertungsgrundlage plus Hygienezertifikat für Kunststoffe und andere organische Materialien

Das Umweltbundesamt hat am 21. März 2019 die Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser KTW-BWGL (Link zum Dokument) veröffentlicht. Die KTW-BWGL ersetzt schrittweise die bisherigen KTW-Leitlinien für organische Materialien. Zunächst fielen unter den Anwendungsbereich der KTW-BWGL nur die organischen Materialien Kunststoffe, organische Beschichtungen und Schmierstoffe. Für diese gilt die KTW-BWGL seit dem 21.03.2021 rechtsverbindlich. Im März 2022 wurden auch Elastomere und thermoplastische Elastomere in die KTW-BWGL aufgenommen mit einer Übergangszeit bis 01.03.2025. Die Aufnahme der Silikone in die KTW-BWGL ist geplant, für sie gilt aktuell die Silikon-Übergangsempfehlung. Neben einem allgemeinen Teil beinhaltet die KTW-BWGL einen „Polymerspezifischen Teil“ mit Positivlisten derjenigen Stoffe, die für die Herstellung der unterschiedlichen organischen Materialien verwendet werden dürfen. Zeitgleich mit der Veröffentlichung der KTW-BWGL wurde vom Umweltbundesamt die Empfehlung „Konformitätsbestätigung der trinkwasserhygienischen Eignung von Produkten“ (Link zum Dokument) veröffentlicht, in der ein Verfahren zur Ausstellung einer Konformitätsbestätigung und somit zur Erlangung eines (Hygiene-)Zertifikates beschrieben ist. Auf Basis dieser Empfehlung wurden bereits entsprechende Zertifizierungsprogramme zum Verfahren 1+ (ZP 1000, Link zum Dokument) und Typprüfung (ZP 0800, Link zum Dokument) bei der DVGW Cert GmbH etabliert, die bei Einhaltung aller Anforderungen in die Ausstellung eines Hygienezertifikats münden.

Rohre und Ausrüstungsgegenstände erfordern das KTW 1+ System

Das neue Zertifizierungsverfahren kann sowohl für Bauteile, wie Filtergehäuse eines mechanischen Filters, als auch für zusammengesetzte Produkte, die Bauteile aus organischen Materialien enthalten, wie mechanische Filter mit allen Einzelbauteilen, angewendet werden. Die höchsten Anforderungen im Zusammenhang mit der Prüfung nach KTW-BWGL und Zertifizierung nach UBA-Empfehlung werden an Rohre und Ausrüstungsgegenstände, z. B. Fittinge oder Armaturen, gestellt, da sie in einem Trinkwasserverteilungssystem flächenmäßig den größten Anteil an trinkwasserberührter Oberfläche ausmachen. Diese Produkte werden nach KTW-BWGL in die Risikogruppe P1 eingruppiert. Produkte oder Bauteile der Gruppe P1 sind nach dem so genannten „1+ System“ zu zertifizieren. Das „1+ System“ beinhaltet:

  • Erstinspektion des Werkes und Entnahme der Prüfmuster
  • Typprüfung
  • werkseigene Produktionskontrolle (Eigenüberwachung) und
  • jährliche Überwachungsprüfung (Fremdüberwachung).

Nach dem bisherigen System der KTW-Leitlinien war nur die Typprüfung gefordert. Das erworbene Prüfzeugnis diente dann gleichzeitig als Konformitätsbestätigung. Bei dem neuen „1+ System“ kommen zusätzlich zu der Typprüfung umfassende Inspektions- und Überwachungstätigkeiten hinzu. Die Konformitätsbestätigung erfolgt auf Basis von Prüf- und Inspektionsberichten durch einen akkreditierten Zertifizierer.

An der Typprüfung selbst ändert sich in der Praxis nichts zum bisherigen System. Die Typprüfung erfolgt wie bisher nach DIN EN 12873-1 bzw. Prüfung des mikrobiellen Bewuchses nach DIN EN 16421, Verfahren 2 (identisch mit DVGW W 270 Prüfung). Die trinkwasserhygienische Eignung wird nach wie vor als Anforderungen an die Rezeptur, Grundanforderungen, Zusatzanforderungen, rezepturspezifische Einzelstoffanforderungen sowie Anforderung an die Förderung des mikrobiellen Wachstums formuliert.

Bei Produkten mit kleineren trinkwasserberührten Oberflächen kann die Konformitätsbestätigung auch nach einfacheren Verfahren erfolgen. Diese sind das Zertifizierungsverfahren auf Basis einer Typprüfung bei P2 Produkten oder durch eine Eigenerklärung des Herstellers auf Basis eines KTW-BWGL-Prüfberichts bei P3 Produkten. Bei beiden letztgenannten Verfahren entfällt die Erstinspektion des Werkes und es findet auch keine jährliche Fremdüberwachung statt.

TZW Prüfstelle Wasser ist für das neue System akkreditiert

Für einen Produkthersteller besteht zwar keine Zertifizierungspflicht, jedoch wird die Erlangung eines Zertifikats in §17 der Trinkwasserverordnung explizit als Möglichkeit genannt, sich die Einhaltung der Anforderungen an Werkstoffe und Materialien bestätigen zu lassen. Somit ist der Stellenwert eines durch einen akkreditierten Zertifizierer ausgestellten Zertifikats deutlich höher zu bewerten als andere Formen von Konformitätserklärungen. Dies gilt umso mehr, als zur Erlangung eines Zertifikats umfangreiche Prüf- und Inspektionstätigkeiten am Produkt und im Herstellerwerk durchzuführen sind. Diese können nur von entsprechend qualifizierten Prüfern und Inspektoren, wie sie auch an der TZW Prüfstelle Wasser vorhanden sind, geleistet werden.     

Die TZW Prüfstelle Wasser ist bereits als Prüflaboratorium für die Prüfung nach KTW-BWGL akkreditiert. Darüber hinaus stellt sie Inspektoren, die durch die Zertifizierungsstelle beauftragt sind, die Fachaudits im Rahmen der Erstinspektion des Werkes und der jährlichen Überwachungsprüfungen durchführen. Außerdem werden die Prüfkapazitäten aktuell ausgebaut.

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