Non-Target-Screening: Das Wasser als Ganzes sehen

Ein hochmoderner Gerätepark ist Voraussetzung für das Non-Target-Screening

Um nicht nur bekannte Stoffe aufzuspüren, sondern ein umfassendes Monitoring zu erreichen, steht für die Gewässerüberwachung die Non-Target-Analytik zur Verfügung. Diese hochspezialisierte Technik erlaubt es, Wasserproben auf unbekannte Stoffe zu untersuchen. Damit kann das Wasserversorgungsunternehmen sein Wasser bis ins letzte Detail untersuchen und auf mögliche Auffälligkeiten schnell und gezielt reagieren.

Die Messung von organischen, meist anthropogenen Spurenstoffen in Roh- und Trinkwasser ist schon seit langem von hoher Relevanz. Durch die Detektion von potentiell schädlichen Substanzen kann festgestellt werden, ob kritische Konzentrationen in Roh- und Trinkwasser überschritten werden und ob gegebenenfalls Handlungsbedarf für den Wasserversorger besteht. Wenn bekannte Substanzen in Wasserressourcen gemessen werden, geschieht dies in der Regel mittels Target-Analytik – also der gezielten Suche. Voraussetzung für die Messung mittels Target-Analytik ist die Verfügbarkeit von Referenzstandards, mit denen die Substanzen in den Wasserproben auch quantifiziert werden können. Bei dieser Art der Analytik muss im Vorhinein feststehen, für welche Substanzen die Messung durchgeführt werden soll.

Obwohl ständig weitere Substanzen bekannt werden, gibt es in Wasserproben weiterhin einen hohen Anteil unbekannter Substanzen, die ebenfalls negative Auswirkungen auf die Wasserqualität haben können. Um auch diese unbekannten Substanzen bei der Überwachung von Roh- und Trinkwasser zu berücksichtigen, wurde das Non-Target-Screening (NTS) entwickelt. Durch NTS kann nach unbekannten Substanzen gesucht und diese auch identifiziert werden. Zudem können Vergleiche zwischen verschiedenen Wasserproben angestellt werden, die sowohl bekannte als auch unbekannte Substanzen berücksichtigen. Bei NTS handelt es sich üblicherweise um qualitative Auswertungen, obwohl auch an (semi)quantitativen Ansätzen gearbeitet wird.

Die Ursprünge des NTS stammen bereits aus den 1970er Jahren, als das Potential der Identifizierung unbekannter Substanzen erkannt wurde. Besonders in den letzten Jahren hat NTS durch Weiterentwicklungen der Messtechnologie und der Datenauswertung verstärkt Aufmerksamkeit in der Forschung und Anwendung für Wasserressourcen hervorgerufen. Dabei wird die Messung durch die Kombination von Flüssigchromatographie (HPLC) mit einem hochauflösenden Massenspektrometer (TOF- oder Orbitrap-Technologie) vorgenommen.

NTS wird bereits zur Überwachung von Roh- und Trinkwasser eingesetzt, um Substanzen zu identifizieren und Wasserproben von verschiedenen Standorten, Prozessschritten oder Zeitpunkten miteinander zu vergleichen. Das Screening hat dabei den Vorteil, dass mit einer einzigen Messung sehr viele Substanzen detektiert werden können, ohne dass für jede Substanz eine separate Methode angewendet werden muss. Dabei soll NTS nicht die klassische Target-Analytik ersetzen, sondern ist als komplementäre Methode zu betrachten. Es werden zusätzliche Informationen gewonnen, die neue Einblicke zur Qualitätsbeurteilung von Wasserproben liefern. Des Weiteren kann NTS auch die Richtung von Target-Analytik vorgeben, indem spezifische Signale priorisiert werden. Non-Target-Messungen liefern bereits qualitativ hochwertige Ergebnisse, wie Übereinstimmungen mit vormaligen Target-Analysen bezüglich des Belastungszustands von Gewässern zeigen.

Die Weiterentwicklung in den kommenden Jahren zielt darauf ab, NTS als routinemäßige Anwendung in der Gewässerüberwachung zu etablieren. Dies wird bereits durch mehrere Forschungsprojekte unterstützt. Ein zentraler Punkt ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen Anwendern. Dazu ist der Austausch von Non-Target-Daten sowie die Entwicklung von gemeinsamen Qualitätsstandards von hoher Relevanz. Des Weiteren kann die Interlabor-Vergleichbarkeit durch Methodenangleichungen bei Messung und Auswertung erhöht werden. Da Datenbanken bei der Identifizierung von Substanzen eine wichtige Rolle spielen, ist auch der Ausbau von möglichst frei zugänglichen Datenbanken essentiell für die Generierung verlässlicher Non-Target-Daten.

Angesichts dieser aktuellen Weiterentwicklungen ist zu erwarten, dass sich NTS in den kommenden Jahren verstärkt als sinnvolles Werkzeug zur Überwachung von Roh- und Trinkwasser erweisen wird. Die Methode eröffnet neue Möglichkeiten, die Wasserbeschaffenheit zu beurteilen und Veränderungen festzustellen. Durch die Zusammenarbeit von Non-Target-Anwendern kann NTS auch im überregionalen Gewässermonitoring etabliert werden.

Das TZW-Labor verfügt über langjährige Erfahrung mit Non-Target-Screening und hat bereits bei zahlreichen Forschungsvorhaben in diesem Bereich mitgearbeitet. Wasserversorgungsunternehmen können sich mit ihren Fragen gerne an die Fachleute im TZW wenden.

Das Thema wurde im Rahmen des TZW Kolloquiums 2022 präsentiert und ist in dem Tagungsband nachzulesen. Zur Bestellung >

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