Omikron bei SARS-CoV-2-Monitoring auf Kläranlagen nachweisbar

Analyse der Abwasserproben im Droplet Reader des TZW Labors

In drei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhaben werden SARS-CoV-2 Genmaterial und aktuell insbesondere die Omikron-Variante im Abwasser untersucht. In Abwasserproben aus den Zuläufen von sieben Kläranlagen in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, an die mehr als 4 Millionen Menschen angeschlossen sind, können so für die Omikron-Variante charakteristische Mutationen nachgewiesen werden. In mehreren Proben ist mittlerweile ein eindeutiger Omikron-Nachweis mittels Sequenzierung erfolgt. Im Sinne eines Frühwarnsystems lassen diese Abwasserbefunde erkennen, dass die Omikron-Variante seit Anfang Dezember in den Einzugsgebieten dieser Kläranlagen nachweisbar auftritt. Aktuelle Befunde deuten auf einen Anteil von 0,4 bis 3 % der Omikron-Variante hin. Das Abwassermonitoring wird im Austausch mit den lokalen Gesundheitsbehörden durchgeführt, um das Infektionsgeschehen von SARS-CoV-2 und die Ausbreitung seiner Varianten im Einzugsgebiet der Kläranlagen im Vorlauf von mehreren Tagen im Vergleich zu klinischen Befunden einzuschätzen. Damit kann es als robustes und sensitives Früh- und Entwarnsystem in der Pandemiebekämpfung dienen.

Da infizierte Personen SARS-CoV-2-Genmaterial auch über den Stuhl ausscheiden, bietet das Abwassermonitoring die Möglichkeit, einen Überblick über die Pandemielage unabhängig von der individuellen Testbereitschaft der Bevölkerung zu liefern („Alle gehen auf die Toilette, aber nicht alle gehen zum Testzentrum“). Diese Bestimmung von SARS-CoV-2-Biomarkern in Abwasser ermöglicht damit eine objektive Abschätzung der Infektionslage in der Gesamtbevölkerung. Wegen zahlreicher überlappender Mutationen werden für einen eindeutigen Omikron-Nachweis unterschiedliche Kombinationen von mehreren Marker-Mutationen verwendet. Auch die EU-Kommission fordert, das Abwassermonitoring systematisch zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu nutzen.

Angesichts des momentan relativ niedrigen Anteils klinischer Proben für die Bestimmung der Omikron-Variante durch Sequenzierung bildet das Abwassermonitoring die Pandemielage für die gesamte Bevölkerung deutlich früher ab als klinische Daten.

Befunde aus Hessen

In Abwasserproben der Stadt Frankfurt am Main, die an der TU Darmstadt sequenziert wurden, konnte nach Negativbefunden im November am 14.12.2021 ein Anteil von ca. drei Prozent der Omikron-Variante im Zulauf der Kläranlage Frankfurt-Niederrad nachgewiesen werden. Ein Teilzulauf dieser Kläranlage wies einen Wert von 1,3 % im Verhältnis aller SARS-CoV-2 Gensequenzen auf. Ende November konnte bereits in einem Abwasserkanal des Flughafens ein positiver Befund von ca. 2 % Omikron festgestellt werden. Ähnliche Ergebnisse wurden für die beiden Klärwerke in Wiesbaden erzielt. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich die Omikron-Variante in Hessen seit Anfang Dezember ausbreitet.

Befunde aus Bayern

Im Zulauf eines der beiden Großklärwerke in München und eines Pumpwerkes für einen Stadtteil erfolgte erstmalig am 5.12. und 6.12.2021 ein eindeutiger wenn auch niedriger Nachweis von Omikron durch die TU München. Für den Zulauf der Kläranlage Augsburg und in Umlandgemeinden im Landkreis Augsburg gab es einen qualitativen aber keinen quantifizierbaren Nachweis (< 1 %). In den Wochen zuvor dominierte in allen Proben die Delta-Variante ohne jegliche Hinweise auf eine Omikron-Mutation. Der qualitative Nachweis erfolgte mittels Sequenzierung mit eindeutigen Omikron Marker-Mutationen durch das LAFUGA, dem Genzentrum der LMU in München. In Proben vom 12 bis 14.12.2021 bestätigten sich noch einmal diese Befunde für München. Mittels digitaler droplet PCR am TZW: DVGW-Technologiezentrum in Karlsruhe konnte in den ersten positiven Proben aus München ein relativer Anteil von 1 % ermittelt werden. In den Proben aus München vom 12 bis 14.12.2021 lag der relative Anteil bei ca. 3 %. In Augsburg lag der Nachweis in der Folgewoche wieder unter der Nachweisgrenze.

Befunde aus Nordrhein-Westfalen

In Abwasserproben vom Zulauf zweier Kläranlagen der Emschergenossenschaft in Duisburg und Dinslaken konnte erstmals am 9.12.2021 eine im SARS-CoV-2 Omikron-Genom enthaltene Mutation detektiert werden. Die Analysen dieser sowie weiterer an Folgetagen gewonnener Abwasserproben konnten am Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikum Frankfurt (UKF) bestätigt werden. An Folgetagen konnte zusätzlich das Auftreten weiterer charakteristischer Mutationen nachgewiesen werden. Dieses Frühwarnsystem liefert einen ersten Hinweis auf die beginnende Ausbreitung von Omikron im Ruhrgebiet. Für eine eindeutige Omikron-Identifizierung werden die Proben derzeit mittels Sequenzierung analysiert.

Um Omikron-Analysenkapazität zu schaffen wurde der Analyse-Workflow im abwassertechnischen Kooperationslabor etabliert, das von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) gemeinsam mit dem Ruhrverband betrieben wird. Bereits wenige Tage nach Bekanntwerden der neuen Variante in Südafrika konnte das UKF dem Abwasserlabor für Omikron charakteristische Primer und Sonden zur Verfügung stellen. Analysen werden seither zweimal die Woche mittels Varianten-spezifischer PCR im Kooperationslabor durchgeführt.

Zusammenarbeit mit Kommunen

Die Verbundvorhaben COVIDready und SARS-GenASeq mit den Wasserverbänden Emschergenossenschaft und Lippeverband und Biomarker Cov2 mit dem kommunalen Partnern Berchtesgadener Land, München, Augsburg und Karlsruhe erforschen seit Beginn der Pandemie die Möglichkeiten eines SARS-CoV-2-Abwassermonitorings als ein weiteres diagnostisches Instrument in der Pandemiebekämpfung. Die Projektteams arbeiten eng mit den öffentlichen Gesundheitsdiensten zusammen, um die dortige Lagebeurteilung durch diese Diagnostik zu unterstützen.

Unterstützung des Roll-Out

Die Verbundvorhaben SARS-GenASeq, Biomarker Cov2, und COVIDready werden von der TU Darmstadt, von der TU München, und vom Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen (FiW) e. V. koordiniert. Um die Einrichtung eines möglichen nationalen Monitoring-Systems zu unterstützen, erfolgt in den Projekten auch eine Etablierung des analytischen Workflows, die Bereitstellung von Schulungsvideos zur Übertragung auf weitere Labore der Abwasserwirtschaft, sowie die Entwicklung eines Abwasserdashboards für Krisenstäbe.

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung und dem Projektträger Karlsruhe für die tatkräftige Unterstützung.

Presseinformation (pdf-Datei)

Weitere Projektinformationen finden Sie unter
https://www.tu-darmstadt.de/universitaet/aktuelles_meldungen/archiv_2/2021/2021quartal2/news_archiv_de_310464.de.jsp
https://www.cee.ed.tum.de/sww/forschung/mikrobielle-systeme/biomarker/

und auf der TZW Projektseite

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