In den letzten 20 Jahren kam es durch den Klimawandel zunehmend zu Rekordsommern mit Hitzeperioden. Durch die Durchwärmung des Bodens werden auch die Verteilungssysteme und damit das Trinkwasser erwärmt, wodurch die in der DIN EN 1988-200 definierte Obergrenze für die Trinkwassertemperatur von 25 °C überschritten wird. Die Effekte dieser Temperaturerhöhung auf die mikrobiologische Trinkwasserqualität sind bisher nur unvollständig verstanden und werden im Rahmen des vom DVGW geförderten Forschungsprojekts MibiTemp genauer untersucht.
Ausgangslage
Die Temperaturen für kaltes Trinkwasser sollen 25 °C nicht überschreiten. Außerdem kann der Verbraucher ein farbloses, klares, kühles sowie geruchlich und geschmacklich einwandfreies Trinkwasser erwarten. Dies legen verschiedene technische DIN- und DVGW-Normen fest. Diese Vorgaben passen nicht zu Entnahmetemperaturen, die 20 °C übersteigen. Die Thematik erhöhter Wassertemperaturen wurde vor allem in Süddeutschland bereits vor einigen Jahren erkannt und im Rahmen von DVGW-Diskursen besprochen. Dabei zeigte sich, dass eine Vielzahl von Wasserversorgungsunternehmen von dieser Thematik betroffen ist.
Die Wassertemperatur ist ein zentraler Parameter für physikalische, chemische und biologische Prozesse in der Wasserverteilung. Das DVGW-Projekt MibiTemp (W 202016) untersucht in enger Kooperation mit dem DVGW-Projekt EWaT (J 201904) die Folgen erhöhter Wassertemperaturen auf die Trinkwasserqualität auch aus biologischer Perspektive. Das Ziel des Projektes ist es, die Effekte erhöhter Wassertemperaturen in der Wasserverteilung grundlegend zu bewerten und Maßnahmen zur Vermeidung möglicher mikrobieller Beeinträchtigungen für die Praxis abzuleiten.
Untersuchungsprogramm
Die Untersuchungen in Trinkwassernetzen bei 12 Wasserversorgungsunternehmen stellen den Schwerpunkt des Projektes dar. Dabei werden neben erweiterten engmaschigen Routinemessprogrammen auch Biofilmuntersuchungen mit insgesamt über 30 Biofilmmonitoren durchgeführt. Die Untersuchungen werden durch zeitlich und räumlich engmaschige Temperaturmessungen begleitet. Zwei temperierbare Versuchsanlagen ermöglichen außerdem Untersuchungen unter definierten Randbedingungen. Das untersuchte Parameterspektrum umfasst die Indikatorparameter der Trinkwasserverordnung sowie zusätzlich die Gruppe der Aeromonaden, die Gesamtzellzahl sowie Mikrobiomanalysen zur ganzheitlichen Erfassung der Mikrobiologie.
Erste Ergebnisse
Die Untersuchungen in den Sommern 2021 und 2022 in den Trinkwassernetzen der Wasserversorgungsunternehmen zeigten bisher keine auffälligen Befunde und somit eine hohe mikrobiologische Stabilität der untersuchten Wässer. Auch die Gesamtzellzahlen im Wasserkörper, der als ganzheitlicher Parameter der Wassermikrobiologie anzusehen ist, blieb über die Sommer und an den einzelnen Messpunkten im Netz stabil. Aus den bisherigen Ergebnissen ist abzuleiten, dass die Strategie der Verteilung nährstoffarmer Trinkwässer sowie die Verwendung zugelassener Materialien wichtige Aspekte einer mikrobiologischen Stabilität auch bei erhöhten Wassertemperaturen sind. Das Projekt wird Ende 2024 abgeschlossen.
Informationen
Rybicki M., Rink M., Müller T., Hermannspan M., Lohmann M., Petzoldt H., Hügler M., Korth A.: Erhöhte Temperaturen in Verteilungsnetzen – Erste Ergebnisse der DVGW-Projekte. In: Neue Erkenntnisse und Anforderungen für die Wasserbranche, 25. TZW-Kolloquium Veröffentlichungen aus dem Technologiezentrum Wasser, ISSN 1434-5765, TZW-Band 100: 129–146 (2021)