Die in Deutschland bewährte Technik der kontrollierten Grundwasseranreicherung (GWA) wurde in Peru als naturbasierte Lösung eingeführt und deren Potential zur kostengünstigen Bereitstellung von hochwertigem Brauch- und Trinkwasser in dicht bewohnten Wassermangelregionen bewertet.
Lima zählt zu den trockensten Metropolregionen der Welt, so dass die Wasserversorgung der 10 Mio. Einwohner zzgl. Industrie sowie Gewerbe eine enorme Herausforderung darstellt und in den kommenden Jahren sehr große Investitionen erfordert. Die lokalen Flüsse führen nur während der Regenzeit in den Anden für wenige Monate im Jahr Wasser und die Grundwasserressourcen sind begrenzt. Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im Rahmen der Exportinitiative Umweltschutz geförderte Forschungsprojekt NEWA-LIMA hatte zum Ziel, die kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR) als naturbasiertes und kostengünstiges Verfahren zur langfristigen Nutzung der Grundwasserressourcen aufzuzeigen und so einen Beitrag zur Lösung der Wasserprobleme in Lima zu leisten.
Nach umfassenden Voruntersuchungen wurde auf dem Gelände einer Kläranlage im Lurín-Tal eine MAR-Pilotanlage errichtet. Sie bestand aus drei Erdbecken zur Versickerung von gereinigtem Abwasser sowie mehreren Kontrollbrunnen und wurde in Zusammenarbeit mit dem Wasserver- und Abwasserentsorger von Lima (SEDAPAL) über die Dauer von 17 Monaten betrieben. Die Reinigungsleistung der Bodenpassage wurde dabei durch umfangreiche mikrobiologische und chemische Wasseranalytik erfasst, einschließlich anthropogener Spurenstoffe und der neuartigen „wirkungsbezogenen Analytik“ (WBA). Begleitende kleintechnische Untersuchungen mit Aktivkohleadsorption und Umkehrosmose bewerteten den Einsatz dieser weitergehenden Aufbereitungstechnologien. Zudem erfolgte eine Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der sozialen Implikationen von MAR-Vorhaben in Peru. Die Erarbeitung eines lokalen Grundwassermodells sowie eines Konzepts für den Einsatz von Tropfkörpern in der Abwasserreinigung diente dazu, konkrete Empfehlungen für eine großtechnische MAR-Anwendung im Lurín-Tal ableiten zu können.
Eine zentrale Erkenntnis der Untersuchungen ist die hohe Durchlässigkeit des Untergrundes im Lurín-Tal, die eine Infiltration großer Wassermengen auf vergleichsweise kleinen Versickerungsflächen ermöglicht. Als potenzielle Wasserquellen für MAR stehen in der Regenzeit „Überschusswasser“ des Río Lurín (ca. 50 Mio. m³/a) und ganzjährig Abwässer aus Kläranlagen (ca. 40 Mio. m³/a) zur Verfügung. Bzgl. der Wasserqualität ergaben die Analysen, dass die Bodenpassage der Pilotanlage, trotz hoher Fließgeschwindigkeit und kurzer Fließstrecke im Untergrund, Trübstoffe und Partikel praktisch vollständig zurückhielt und infolgedessen auch eine effiziente hygienisch-mikrobiologische Reinigung des Kläranlagen-ablaufs erfolgte. Chlorresistente Pathogene wie bspw. Parasiten-Dauerformen (Giardien, Cryptosporidien) wurden vollständig zurückgehalten. Mittels WBA gelang der Nachweis, dass im Kläranlagenablauf feststellbare geringe endokrine und neurotoxische Effekte durch die Bodenpassage minimiert wurden. Der Abbau anthropogener Spurenstoffe bei der kurzen Bodenpassage war erwartungsgemäß gering, wobei jedoch bereits im Infiltrat (Kläranlagen-ablauf) keine relevanten Konzentrationen der untersuchten „emerging contaminants“ vorlagen.
Das in Deutschland und anderen Regionen der Welt bewährte MAR-Verfahren bietet somit großes Potenzial, die Grundwasserressourcen in Lima zu sichern. Abschließend wurden im Rahmen von NEWA-LIMA deshalb Grobkonzepte für MAR-Anlagen an zwei Standorten im Lurín-Tal ausgearbeitet, Handlungsempfehlungen zur Steigerung der sozialen Akzeptanz in der lokalen Bevölkerung entwickelt und allgemein anwendbare Empfehlungen für die Umsetzung von MAR-Projekten abgeleitet.
Veröffentlichungen:
Fesch, K., Hügler, M., León, C. D., Perez, H., Stauder, S., Xanke, J.: Kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR): Ein Beitrag zur Lösung der Wasserprobleme in Lima, Peru (2025) Abschlussbericht des Projekts NEWA-LIMA. Universität Stuttgart & TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser. Stuttgart und Karlsruhe, März 2025
León, C. D.; Brauer, F.; Hügler, M.; Keller, S.; Kosow, H.; Krauss, M.; Wasielewski, S.; Wienhöfer, J. (Eds.): Integrated Water Management Solutions in the Lurín Catchment, Lima, Peru – Supporting United Nations’ Sustainable Development Goal 6. Final report of the joint project TRUST. University of Stuttgart, ISBN 978-3-00-068498-2 (2021)
http://dx.doi.org/10.18419/opus-11390
Minn, F.; Hügler, M.; Kosow, H.; Kramer, H.; Krauß, M.; León, C. D.; Stauder, S.; Wasielewski, S.: Leitfaden für Konzeption, Aufbau und Betrieb von Schulungs- und Pilotanlagen zur Aufbereitung von Trinkwasser und Reinigung von Abwasser aus einer sozio-technischen Perspektive. Hrsg.: Universität Stuttgart und TZW Karlsruhe (2021)
http://dx.doi.org/10.18419/opus-11793